Baustoffe und Technik
Baustoffe und Techniken einer traditionellen Baukultur sind immer Ausdruck von Klima, Vegetation und Rohstoffangebot und sind somit auch ein Indiz für das Niveau einer Gesellschaft.
Sowohl der Inselcharakter zum einen als auch der Einfluß chinesischer und koreanischer später auch europäischer Kulturen prägen das Erscheinungsbild des heutigen Bauhandwerks.

Zu den traditionellen Baumaterialien zählen Holz, Bambus, Lehm, Stroh, Ried und Papier. Stein spielt in der Geschichte eine untergeordnete Rolle und wurde historisch betrachtet nur für die Ausbildung der Fundamente und den Speicherhäusern, den Kura, verwendet - abgesehen von den Steinwällen der Burganlagen. Die Verwendung von Dachziegeln kommt erst wesentlich später auf, sie sind heute gesehen aber ein wichtiges traditionelles Baumaterial.


traditionelle Holzständerbauweise
Fundamentstein
Holz

Japans Inseln sind aufgrund ihrer Geomorpholgie äußerst waldreich und besitzen ein relativ großes Artenspektrum an verwertbaren Hölzern für den Bausektor.
Heinrich Engel schrieb n seiner Dissertation 1959 treffend "Es gibt keine Architektur, die den inneren Charakter des Baustoffes Holz in konstruktiver wie in ästhetischer Hinsicht so überzeugend entbirgt wie die japanische." (veröffentlicht u.a. im Englischen unter dem Titel "Measures and Construction of the Japanese House" (Tuttle Publ., Tokyo, 1990)
Warum aber das Holz und nicht Stein das wichtigste Baumaterial wurde hat verschiedene Gründe; einer davon mag darin lieg, dass Bürger und Bauern durch strenge Bauvorschriften der farbenprächtige und verzierte Baustil des Adels und Klerus verboten war - dies führte zu einem Suchen nach Individualität in der Matrielverwendung, beschränkt auf das Holz (da einfach zu beschaffen), insbesondere für den Mittelpfosten (der Gebäudestruktur) oder dem Bildernischenpfosten.
Holz wird in der historischen Profanarchitektur nicht farbig angestrichen, allein durch die natürliche Maserung und Formgebung (einschl. den Holzverbindungen) erfolgt die Unterstreichung des Charakters.

im Verfall am besten erkennbar: die vierlagige Wand- und Putzkonstruktion (ohne Innenputz)
Holzvertäfelung als Wetterschutz
Neubau in traditioneller Technik - heute eine Seltenheit
die wichtigsten Holzarten:
hinoki (Scheinzypresse, Chamaecyparis obtusa): gerader Wuchs, widerstandsfähig gegen Fäulnis, hart, feine Maserung: teures Holz, daher Verwendung nur für besondere Bauteile

akamatsu oder mematsu (Rotkiefer, Pinus densiflora) und kuromatsu (Schwarzkiefer, P. thunbergii): hohe Elastizität und harzreich, daher vor allem Verwendung für Bauteile, die dem Regenwasser ausgesetzt sind

keyaki (Zelkovie): hart, lebhafte und kontrastreiche Maserung und daher sehr dekorativ

daneben bzw. hauptsächlich findet man andere Kiefern- und Tannenarten, die häufiger vorkommen; für besondere Bauteile werden auch besonders teure Hölzer verwendet wie
momiji (Ahorn)
kuri (Nußbaum)
kuwa (Maulbeerbaum)

take - Bambus (verholzendes Gras): viele verschiedene Arten; Verwendung finden vor allem Arten von Phyllostachys (miti, bambusoides, puberula); beliebt ist der Bambus nicht nur wegen seines praktischen Nutzens (hohl), sondern auch weil er aufgrund seiner Erscheinung (rund, glänzende Oberfläche, Farbe) als Kontrast zum matten, kantigen Holz eingesetzt werden kann
wird verwendet als Ausfachung und Putzträger, Bodenmaterial für Veranden, Regenrinnen und Wasserleitungen, für Fenstergitter und Vorhangmaterial, aber auch als Konstruktionselement (Pfosten der tokonoma) und im klassischen Teehaus, Dachkonstruktionen usw.


Bambusrohr als Unterkonstruktion für die Dachdeckung, bei kleineren Dächern auch als Tragekonstruktion
Bambus als Bodenkonstruktion
Lehm und Putz

obwohl nicht gerade ein widerstandsfähiges Material (hinsichtlich Klima) ein sehr beliebtes Baumaterial für die Ausfachung der Holzständerbauweise, dürfte der Lehm gerade wegen seiner Textur und Farbe sehr beliebt (gewesen) sein;
eine Lehmwand besteht aus drei bis fünf Lagen (beidseitig)

shita nuri (Kern) auf das Bambusgefecht
mura naoshi und shitazuke (Zwischenschicht)
naka nuri (Mittelbewurf)
arakabe (rauhe Wand)

der innere Feinputz wird hinsichtlich Körnung, Farbe usw. eine bestimmtgewünschte Oberfläche erhalten;
der Außenputz ist meist weiß oder hellfarbig und wird in niederschlagsreichen Gegenden durch eine Holzbretterverschalung geschützt
zur Verstärkung des Lehms werden ihm Stroh und Gräser beigemischt


rauer Aussenputz mit Fenstergitter
feiner Innenputz in einem Teehaus
Dacheindeckungen

Stroh- und Riedeindeckungen waren ursprünglich das bevorzugte Material für das Dach; später kamen Rinden- und Holzschindeln dazu (bekanntestes Beispiel Kiyomizudera in Kyoto)
Strohdächer findet man heute noch auf alten Bauernhäusern (div. Museumsdörfer und UNESCO-Kulturerbgüter) und in der Schreinarchitektur des Shintoismus.
Dachziegel aus Ton wurden bereits im 7.Jhdt. aus China und Korea eingeführt und wurden ab 17. Jhdt. nach verheerenden Bränden in Edo immer häufiger verwendet; zuerst Mönch-und-Nonne-ähnliche Dachziegel die später in die bekanntere Dachpfannenform übergingen einschließlich zahlreicher Sonderelemente und Ornamentteile (Familienwappen, Symbole des "Aberglaubens" usw.), in grauen Farbtönen, heute natürlich auch in anderen Farben
Siegfried Enders führt zu den Rieddächern noch folgendes aus: "...Riedgräser..., die für jedes Dorf auf einem gesonderten Feld von der Dorfgemeinde angebaut wurden. Da eine Dacheindeckung etwa ein halbes Jahrhundert hielt und ein Dorf in der Regel aus vierzig bis fünfzig Familien bestand, konnte jedes Jahr ein Haus des Dorfes von der Dorfgemeinschaft neu gedeckt werden." (Quelle: Wohnen in Japan, OAG-Reihe "Japan modern", 1987, leider vergriffen)


weißer Aussenputz - shoji - fusuma
Dachziegeldetail: Familienwappen, Symbolik aus Religion, Mythik (und Aberglaube) finden Verwendung
Papier

Wohl in keinem anderen Land wird die Kunst des Papierschöpfens und der Verwendung desselben soviel Aufmerksamkeit beigemessen wie in Japan.
In der Architektur werden zwei Typen von Papier verwendet:

shojigami, das lichtdurchlässige Papier der Schiebetüren und -fenster; das einfallende Licht wird durch das Opake gestreut und fällt somit nicht grell-blendend in den Raum; daraus ergeben sich interessante Licht-Schatten-Aspekte, die besonders in Szene gesetzt wurden und werden; besonders hervorheben möchte ich hier das Teezimmer des Manshu-in in Kyoto (leider nicht so ohne weiteres zu betreten): in der Bildernische steht eine weiße Vase (heute nur noch ein Replik), die abhängig von der Jahreszeit in den "charakteristischen" Farben erscheint: Frühjahr: hellstes Grün, Sommer: intensiveres Grün, Herbst: rötlich-gelblich; im Winter weiß
die Holzrahmenunterteilung der Shoji entspricht dem Normmaß des Papiers

fusumagami, kartonartiges, lichtundurchlässiges Papier zum Bespannen der Schiebeelemente (Türen und Einbauschränke), großteils mit Tuschemalereien und anderen gemalten Ornamenten verziert

Glas hingegen spielt historisch gesehen nur eine geringe Rolle und wurde erst in der Meiji-Zeit mit Einzug der europäischen Baukultur populär

diffuses Licht durch shoji
shoji mit hölzernem Wetterschutz (im Verbau)
hölzerne Laufrollen für den Wetterschutz (amado)
zum Inhalt
Impressum
Innenfenster mit Bambuseinteilung - heutiger Zustand mit Milchglas
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