Im Detail – Japan日本

Architekten, Konstruktionen, Stimmungen

Christian Schittich, Hrsg.


Birkhäuser Verlag für Architektur, Edition Detail, Basel 2002

ISBN 3-7643-6756-3

Geb. m. SU, 176 Seiten, zahlreiche Fotos und Pläne

Wenn in der Edition Detail ein Buch erscheint, kann man davon ausgehen, dass es sich um etwas Besonderes handelt. So ist es mit diesem: im Gegensatz zu den unzähligen anderen Publikationen erfährt der Leser nicht nur durch „nette“ Bilder mehr über das aktuelle Baugeschehen, sondern wird durch fundierte Essays kompetenter Autoren in die Thematik, insbesondere in den historischen Hintergrund eingeführt: Schittich, Andrea Wiegelmann und last but not least des wohl besten deutschsprachigen Japan-Kenners Günter Nitschke (Japanische Gärten, Verlag Benedikt Taschen, From Shinto To Ando, Architectural Press).

Während Günter Nitschke fundiert über das Ästhetikempfinden der Japaner philosophiert und so manches verständlich aufarbeitet, beleuchten Schittich und Wiegelmann das Architekturgeschehen im 20. Jahrhundert, das anfänglich geprägt war vom europäischen Historismus, dann von Persönlichkeiten wie F.L. Wright und Le Corbusier. Der Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg führte zu einem eigenständigen Stil, der im Metabolismus der 1960er Jahre seinen Höhepunkt erreichte. Die Avantgardeszene in den 80er und 90er Jahren setzte neue Maßstäbe in Form und Raum, die nachhaltig die westliche Architektur beeinflusste. In den letzten Jahren entstanden trotz wirtschaftlicher Stagnation und Sparmaßnahmen herausragende Bauten, die sich in keinster Weise hinter denen die während der Ära der Bubble Economy entstanden sind, verstecken müssen – also zu einer Zeit, in der Klotzen noch zu klein geschrieben wurde. Einige dieser neuen Projekte werden mit Detailaufnahmen und Plänen vorgestellt.

Beeindruckend ist die Projektauswahl, die einen repräsentativen Rundumschlag versucht. Einfamilienhäuser, die unter der Maxime der ultimativen Raum- bzw. Flächenausnutzung entwickelt wurden, Geschäfts- und Verwaltungsbauten, Toyo Itos Mediothek in Sendai, Yamamotos Universität in Saitama usw.

Interessant mag nicht nur die scheinbar grenzenlose Designwelt japanischer Architekten sein, die genauer betrachtet verschiedenen strengen Regelungen unterworfen ist – z.B. trotz Erdbebensicherheit eine elegante Konstruktion aufweisen oder die Rücksichtnahmen auf Verschattung des Nachbargrundstückes usw. Erstaunlich sind auch die konstruktiven Detaillösungen, die die Unterschiede zu deutschen Normenwerken, wie zum Beispiel zur Energiesparverordnung, anschaulich zeigen.

Fast schon als mutig möchte ich das vorgestellte Projekt von Toshihito Yokouchi bezeichnen, der in Osaka ein Wohnhaus im traditionellen Stil plante, das „auf“ einem modenen Sockel steht. Mutig deshalb, weil hier kein „überdeigntes“ Gebäude vorgestellt wird, sondern Wert auf traditionelle Konstruktionen gelegt wurde.

Durch Schnitt- und Detailzeichnungen, die in gewohnter „detail“-Qualität nichts verschweigen, werden die Projekte regelrecht transparent.

Es bleibt nur eine Frage offen: wann folgt die Fortsetzung?

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